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Die Erbauung des Jagdschlosses Platte (WT 1897 / 155 MA, 2.4.)

Herzog Wilhelm, in dem sich Kunst- und Schönheitssinn mit dem Bestreben paarten, dem Arbeiterstande immer neue Hülfsquellen zu eröffnen, beschloß im Jahre 1823 die Errichtung eines zeitgemäß ausgestatteten Jagdschlosses an Stelle des alten baufälligen Jagdhauses auf der Platte. Nach einem von dem mit der Ausführung betrauten Hofbaudirektor Friedrich Ludwig Schrumpf aufgestellten Voranschlage waren die Kosten auf 100.000 fl. berechnet, die die Hofkasse tragen sollte, später aber die Amortisationskasse für Rechnung der Domäne übernahm. – Damals stand das edle Waidwerk noch in großem Flor, und es wurden alljährlich erkleckliche Summen allein für den Abschuß des den Wildbestand gefährdenden Raubzeuges aufgewendet. Waren doch selbst Wölfe, diese gefährlichsten aller Räuber, durchaus nichts Seltenes im Taunus. Aus mir vorliegenden Akten der Jahre 1816 und 1817 ist ersichtlich, daß man damals große Anstrengungen machte, die Wölfe auszurotten. Im Herbst 1816 hatten sich solche auf der Platte, bei Breithard, Burgschwalbach und Hohlenfels gezeigt. Am 13. August erlegten Adam Roth zu Erbach bei Camberg, am 23. August der Schäfer Philipp Kelschenbach zu Dombach, am 7. September Förster Pier zu Steinfischbach und im October Jäger Usinger zu Schmitten je einen jungen Wolf; jeder der glücklichen Schützen erhielt eine Abschußprämie von 15 fl. – Im Februar 1817 schossen Oberförster Haas zu Oberems und Forstaufseher Bonn zu Königstein je eine alte Wölfin und am 24. März Förster Schneider zu Braubach einen alten Wolf, wofür sie die ausgesetzte Prämie von je 22 fl. empfingen. Später gesellte sich zu diesen begnadeten Nimrods auch ein geistlicher Herr, Pfarrer Genth zu Bechtheim, der dort im Felde eine alte Wölfin zur Strecke brachte und dafür jene Prämie in Empfang nahm. Doch, kehren wir zu unserem Thema zurück. – Zu der Grundsteinlegung auf der Platte hatte sich im Mai 1823 eine illustre Hofgesellschaft eingefunden, die nach dem feierlichen Akt in der Wohnung des Oberförsters Genth der Küche und dem Keller munter zusprach, während sich die am Bau beschäftigten Maurer eines ansehnlichen Geldgeschenks erfreuten, das ihnen Herzog Wilhelm überwiesen hatte. In den Grundstein waren eingefügt worden: 2 Pergament-Urkunden in silber-vergoldeter Kapsel mit den auf die Ausführung bezüglichen Aufzeichnungen, das Staats- und Adreßhandbuch des Herzogthums Nassau für 1822/23, ein Kalender für 1823, die Waterloo-Medaille, eine große silberne Medaille des landwirthschaftlichen Vereins im Werthe von 7 fl. 3 kr., 1 Dukat von 1818, 1 Kronthaler von 1818, 1 Silberkreuzer von 1817 und ein solcher von 1818, 1 Sechskreuzerstück von 1822 und 1 Dreikreuzerstück von 1823. – Die Bauarbeiten wurden so rüstig gefördert, daß bereits am 29. Juni 1824 der Kranz auf das Haus gesteckt werden konnte. Der hohe Bauherr übergab den Handwerksleuten bei dieser Gelegenheit das namhafte Geschenk von 80 Brabanter Kronenthalern. Nur um ein Weniges wurde der Kostenvoranschlag dadurch überschritten, daß der Salon nicht in Stuck, wie anfänglich projectirt, sondern in Marmor ausgeführt wurde. Die Gesammtkosten beliefen sich auf 105.541 fl., wovon 2.822 fl. 11 kr. auf die Vorbereitungsarbeiten, 22.241 fl. 22 kr. auf die Maurerarbeiten, 25.201 fl. 37 kr. auf die Steinmetzarbeiten, 9.918 auf die Zimmerarbeiten, 5.159 fl. 52 kr. auf Dachdeckerarbei-ten, 12.923 fl. 33 kr. auf Tüncher- und Stuckaturarbeiten, 13.057 fl. 37 kr. auf Schreinerarbeiten, 5.853 fl. 13 kr. auf Schlosser- und Hüttenlieferungen, 3.381 fl. 38 kr. auf Glaserarbeiten, 3.452 fl. 34 kr. auf den Anstrich, 141 fl. 10 kr. auf Töpferarbeiten, 1.388 fl. 23 kr. auf Verschiedenes entfielen. Die Grund- und Maurerarbeiten wurden vorzugsweise von J. Schäfer in Biebrich, die Steinmetzarbeiten von Bentz in Mainz, Gumbinger und Würzinger, die Zimmerarbeiten von P. Brach zu Engenhahn und Reinhard Ott zu Mosbach, die Dachdeckerarbeiten von C. Kalb hier, die Tüncher- und Stuckaturarbeiten von M. und R. Walter, die Schreinerarbeiten von Stiehl, Friedrich etc., die Schlosserarbeiten von G. Weiß, die Glaserarbeiten von Strack, Leiße-ring, Heiland etc., die Marmorarbeiten von E. Leonhard in Villmar und I. Ehm in Mainz ausgeführt. – Für die Ausmöblirung und würdige Ausschmückung mußten Mainzer und Frankfurter Geschäfte wie Memminger, Lennig, Pauly, Kuußmann bezw. Vakonius, Rumpf, Däms etc. in Anspruch genommen werden; die Lampen kamen von D’Artois fils in Paris; die Bildhauereien fertigten J. Scholl von Mainz und Keilhauer von hier, namentlich stellte letzterer 34 Hirschköpfe her; die Horndrehereien wurden von B. Sternitzki von hier und A. Anthes von Cronberg aus-geführt. Die passendste Zierde bildeten indessen die Jagdgemälde, deren 2 große im Speisesaal und 13 kleinere in den Zimmern des Herzogs aufgehängt wurden; letztere zum Preise von je 16 Louisd’ors, erstere zum Preise von je 48 Louisd’ors, zusammen also für 3.344 fl. waren sie von dem Maler Archivrath Kehrer zu Erbach im Odenwald ausgeführt worden. Die ganze Ausstattung, die mehrere Jahre in Anspruch nahm, erforderte einen Kostenaufwand von 48.193 fl. 41 kr., so daß die Gesammtkosten für das Jagdschloß mit seinen Einrichtungen die Höhe von 153.734 fl. 51 kr. erreichten.

 

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