1791 sichteten Waldarbeiter aufsteigenden Rauch und entdeckten
die kleine Höhle, in der sich Heinrich Anton Leichtweiß verborgen
hatte. Danach geriet der Unterschlupf
wieder in Vergessenheit.
Doch mit dem Aufstieg Wiesbadens
zum mondänen Kurbad rückte die Höhle erneut in das
Blickfeld der Öffentlichkeit. So heißt es in einem Reiseführer
von 1842: “Die Wege welche bis dahin [gemeint ist
die “Bau Site”] den hübschen Thalgrund auf
beiden Seiten umfassen, vereinigen
sich nun zu einem einzigen, der
in 10 Minuten zu der Leichtweiß-Höhle
führt. Eine
ziemlich enge Schlucht, rechts
neben dem Wege, zwischen wild übereinandergeworfenen
Felsblöcken, wo früher eine nun ausgefüllte, ziemlich
tiefe Grotte war, die ein kühner Wilddieb, Namens Leichtweiß,
zu seinem Aufenthalt erwählte, ist gewöhnlich sehr einsam.
Nur am Himmelfahrtstage wimmelt
es hier von fröhlichen Menschen,
die vom Frühmorgen bis zur Nacht in den zahlreich aufgeschlagenen
Bretterhütten und Lauben sich vergnügen.”
Auf der Suche nach neuen Attraktionen
für die stetig wachsende Zahl der auswärtigen Besucher
Wiesbadens, kam man schließlich auch auf die Höhle im
Nerotal. Räubergeschichten waren in aller Munde und der mit
24 Jahren hingerichtete “linksrheinische Schinderhannes” war
weit über die Region bekannt.
Flugs wurde aus dem Wilddieb Leichtweiß der “Räuberhauptmann” Leichtweiß geschaffen
und sein Unterschlupf im hinteren Nerotal seit 1856 vom Wiesbadener
Verschönerungsverein zu einer ca. 30m langen und ca. 2m hohen
wildromantischen Räuberhöhle ausgebaut. Außer einem
zweiten Zugang im Norden und einer über eine Holzleiter erreichbaren
und mit Moos ausgepolsterten Nische als Schlafstatt, entstand ein
seitlich gelegener runder Raum mit einem Steintisch (mit hohlem
Tischfuß für die Beute) in der Mitte und Bänken
an den Wänden. Zur weiteren Ausstattung zählten alte Schußwaffen,
Säbel und Bilder vom Räuber und seiner Geliebten.
Der Eingang zur Höhle und die nähere Umgebung wurden dem
Zeitgeschmack entsprechend romantisch gestaltet. So erhielt der
Schwarzbach einen künstlichen Wasserfall und wurde mit einer
hölzernen Brücke, die sich einige Meter bachaufwärts
der heutigen Brücke befand, überquert. Der Höhleneingang
besaß einen hölzernen Vorbau, mit Geländern aus
Astwerk versehene Wege führten auf den Gipfel des kleinen Hügels über
der Leichtweißhöhle. Dort erhob sich seit 1863 ein kleiner
runder hölzerner Aussichtstempel. Für den Höhlenwärter
erbaute man eine kleine Hütte, malerisch mit Rinde verkleidet.1876
wurde die Leichtweißquelle erschlossen und hergerichtet.
Im Laufe der Jahre mußten die hölzernen Geländer
immer wieder erneuert werden, so z.B. für den Besuch von Kaiser
Wilhelm II. und seiner Gemahlin im Jahr 1905. Auf den zahlreichen
Postkarten, die es von der Leichtweißhöhle gibt, sind
die verschiedenen Geländerarten gut zu erkennen. Mitte der
1930er Jahre unternahm der Wiesbadener Verschönerungsverein
umfangreiche Erneuerungsarbeiten. Das alte Wärterhäuschen
wurde durch eine größere, heute noch vorhandene, Holzhütte
ersetzt und die Brücke an ihre heutige Stelle verlegt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg ging
es mit der Leichtweißhöhle zunehmend bergab. Infolge
von Vernachlässigung und Vandalismus verschwanden nach und
nach die Außenanlagen, der Wärter wurde mehrfach zusammengeschlagen
und die Höhle als Unterschlupf und Toilette mißbraucht.
Die Konsequenz war die Schließung.
1983 bereitete die Stadt ihrem
Dornröschenschlaf jedoch ein Ende und erneuerte den immer wieder
aufgebrochene Eingang nicht schön aber massiv, die Höhle
wird seitdem wieder regelmäßig geöffnet.
Von 2003 bis 2009 unterstützte die Gesellschaft
zur Pflege der Stadtgeschichte Wiesbadens e.V. MATTIACA die Stadt bei der Betreuung der Höhle. Inzwischen ist dafür das Grünflächenamt der Landeshauptstadt Wiesbaden zuständig.
Thorsten
Reiß
Das 1865 entstandene Aquarell des Malers Schmitt ist die älteste
bisher bekannte Ansicht der Leichtweißhöhle. Sehr gut
sind der 1863 vom Wiesbadener Verschönerungsverein auf dem
Hügel über der Leichtweißhöhle errichtete Tempel,
der Höhleneingang und die pittoresken Holzgeländer der
Wege zu erkennen.
1856 nahm sich der Wiesbadener Verschönerungsverein der Leichtweißhöhle
an und baute sie zu einem touristischen Ausflugsziel aus. Die Höhle
wurde vergrößert und die Umgebung mit Wegen, Schutzbauten
und Sitzgelegenheiten versehen. Die Ende der 1870er Jahre entstandene
Fotografie zeigt sehr deutlich das Umfeld der Leichtweißhöhle
zur damaligen Zeit.
Auf der in den 1880er Jahren entstandenen Aufnahme ist
zu erkennen, daß der Höhleneingang umgebaut und mit einem hölzernen
Schutzdach versehen worden ist. Die hölzerne Wärterhütte
ist mit Rinde verkleidet.
Die Eingangssituation der Leichtweißhöhle mit Besuchern
auf einer 1906 hergestellten Ansichtskarte.
Das in die Jahre gekommene Holzgeländer mit Fischgrätenmotiv
wurde durch eine stabilere Konstrukion
ersetzt und mit einer Bruchsteinmauer unterfangen.
Auf dieser 1907 hergestellten Ansichtskarte ist zu erkennen,
daß auch
der Aufgang zur Wärterhütte mit einer Bruchsteinmauer
unterfangen wurde und ein neues Geländer erhalten hat.
Der Blick über die, ebenfalls mit einem neuen Geländer
versehene, alte Brücke auf einer Ansichtskarte um 1908.
In der Mitte der 1930er Jahre unternahm der Wiesbadener Verschönerungsverein
umfangreiche Erneuerungs- und Umgestaltungsarbeiten des Areals.
Das alte Wärterhäuschen wurde durch die noch heute stehende
stabilere Holzhütte ersetzt, die Brücke an ihre heutige
Stelle verlegt, die Wegführung verändert und das Geländer
wieder einmal erneuert.
Das Innere der Leichtweißhöhle wurde nach 1856 zur "Räuberhöhle" ausgebaut.
Dazu gehörte ein Versammlungsraum für die Kumpane, eine
Schlafstatt für Leichtweiß und seine Frau und in zweiter
Ausgang. Die Ansichtskarte zeigt
den Zustand in den 1920er Jahren.
Die Leichtweißhöhle auf einer um 1900 verschickten Lithographie.
Neben der Gefangennahme des "Räubers" und den frei
erfundenen "Porträts" von Leichtweiß und seiner
Frau, ist auch das Innere der Höhle mit moosgepolsterter Schlafstatt
und der Nebenraum mit dem steinernen
Tisch dargestellt.
Romantisierende Darstellung der Gefangennahme des "Räuberhauptmanns
Heinrich Anton Leichtweiss" bei der Leichtweißhöhle.
In Wirklichkeit wurde Leichtweiß im November 1791 im hessischen
Amt Bergen bei Frankfurt festgenommen.
Die Lithographie wurde 1901 verschickt.
Die Gefangennahme von Leichtweiß an der Höhle wurde
auch von Statisten nachgestellt
und fotografiert. Ansichtskarte um 1902.
Diese 1901 verschickte Lithographie zeigt Leichtweiß wie
man ihn sich damals vorstellte: hochgewachsen, in Jägertracht
mit breitkrempigen Hut und Gewehr.
Die Leichtweißhöhle heute:
Die Eingangssituation der Leichtweißhöhle mit dem 1983 erneuerten
Eingang.
Der Wasserfall vor der Höhle wurde im Jahr 2004 von der Gesellschaft Mattiaca repariert.
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